Il cuore delle cose – das Herz der Dinge…

Il cuore delle cose – das Herz der Dinge…

Il cuore delle cose – das Herz der Dinge…

„Haben Dinge ein Herz?“ Diese Frage habe ich letzte Woche ausführlich mit unserer lieben Besucherin diskutiert, die nun leider wieder abgereist ist. Wir wurden uns dann einig, dass es halt wohl immer wieder Gegenstände gibt, welche für uns eine grosse Bedeutung haben und daher sehr wichtig sind. Eine Kette, die uns ein lieber Mensch geschenkt hat, die Kamera, weil wir sie mit einem schönen Hobby verbinden, oder in meinem Fall ein Sessel mit Rosenmuster (ein Bild davon gibt es hier), den ich von der Oma geerbt habe und der mich immer an sie erinnert.
In Florenz gibt es an der Piazza Ghiberti 9r, gleich gegenüber vom Mercato Sant‘ Ambrogio (siehe hier), ein wunderbares Geschäft mit dem klangvollen Namen „Il cuore delle cose – das Herz der Dinge“. Als ich den Laden zum ersten Mal betreten habe, fühlte ich mich, als wäre ich Nachhause gekommen. Ich habe dem Signore bereits mehrmals vorgeschlagen, dass wir aus unserem Appartemento aus und im „Cuore delle Cose“ einziehen könnten…
Die Besitzerin des Ladens heisst Chiara Fresia. Sie erzählte mir, dass sie beispielsweise immer wieder nach Frankreich reist, um nach ausgefallenen Dekorationsgegenständen zu suchen. Oft designt sie ihre Artikel aber auch selber und lässt sie dann produzieren. Alle diese wunderschönen Dinge setzt sie dann gekonnt in ihrem Laden in Szene. Weil sie sich mit allem so viel Mühe gibt, würde man sich nie getrauen etwas von ihren Dingen Zuhause einfach lieblos herumliegen zu lassen.
Ich habe bei ihr beispielsweise zwei Holzbuchstaben gekauft, die ich Euch bereits hier und hier gezeigt habe und an denen ich mich jeden Tag freue. Die luftig, leichten Gegenstände und Möbel im „Cuore delle Cose“ entsprechen so ganz und gar nicht dem schweren Einrichtungsstil, der hier in Florenz sonst so zelebriert wird. Vermutlich war ich deshalb besonders glücklich, als ich dieses Juwel gefunden habe. Und wenn man sieht, wie liebevoll hier alles ausgestellt und dekoriert wurde, glaube ich, dass Chiara den Dingen mit so viel Liebe und Hingabe tatsächlich ein Herz oder eben eine Seele verleiht.
Alleine zuzusehen, wie sie einen Gegenstand verpackt, ist ein Erlebnis. Liebevoll werden die Dinge eingewickelt, damit auch ja nichts zu Bruch geht, in hübsches Papier verpackt und mit Schleife und Blättern verziert. Einfach unbezahlbar… Ich glaube, es gibt nichts Schöneres, als wenn sich ein Mensch für die Dinge, die er tut, mit ganzem Herz und ganzer Kraft einsetzt. Mir erzählte letzthin ein Freund eine wunderbare Geschichte dazu. Ich hoffe, dass ich sie richtig wiedergebe. Also, dieser Freund traf einen jungen Gärtner, der mit grösster Hingabe in der Stadt ein Beet jätete und bepflanzte. Er habe ihn dann gefragt, erzählte mir der Freund, warum er sich so grosse Mühe beim Bepflanzen der Beete gebe, da sie ja vielleicht schon bald wieder von achtlosen Fussgängern zertrampelt werden könnten. Der junge Gärtner erklärte, dass er seinem Berufsstand Ehre machen wolle, dass er einen Berufsstolz habe und es nicht richtig sei, Dinge halbherzig zu tun. An diese Geschichte muss ich immer wieder denken, egal ob ich den Haushalt erledige, einen Artikel schreibe oder ein Geschenk verpacke – besonders dann, wenn Arbeiten anstehen, die ich nicht gerne mache oder wenn ich dabei schwierigen Menschen begegne, denen ich eigentlich gar keine Liebe entgegenbringen mag.
Ich wünsche Euch allen einen schönen Tag mit einem grossen Herz voller Liebe und viel Hingabe für alle Eure Arbeiten, für die Dinge, die Ihr halt einfach erledigen müsst, und die Menschen, die Euch begegnen!
Herzlichst, Eure Signora Pinella
P.S. Grazie cara Chiara, per avermi permesso di fotografare il tuo negozio. Lui è un piccolo paradiso a Firenze per me! Weitere Bilder aus diesem kleinen Paradies gibt es unter https://ilcuoredellecosefirenze.blogspot.it/

Ein bisschen wie Zuhause oder warum Kräuter und Blumen glücklich machen…

Ein bisschen wie Zuhause oder warum Kräuter und Blumen glücklich machen…

Ein bisschen wie Zuhause oder warum Kräuter und Blumen glücklich machen…

Jeden Donnerstagmorgen findet in Florenz auf der Piazza della Repubblicca ein Blumen- und Kräutermarkt statt. Wann immer möglich gehe ich dann auch dahin und kaufe einen Strauss frischer Blumen und bei Bedarf ein paar neue Küchenkräuter. Denn obwohl ich meine Kräuter liebevoll pflege, ist es für sie im Moment wohl einfach zu heiss und sie verdorren mir regelmässig. Kräuter sind für mich ein essentieller Bestandteil in der Küche. Eine Küche ohne frische oder zumindest getrocknete Kräuter geht gar nicht.
Ich sage meinem lieben Marito immer wieder, dass ich davon träume an unserem nächsten Wohnort endlich ein en kleinen Kräutergarten oder zumindest ein Kräuterbeet auf dem Balkon anzulegen. Mehr brauche ich nicht zum Glücklichsein… Ausser vielleicht noch eine Badewanne und ein kleines Karussell, aber das ist wieder eine andere Geschichte, die ich Euch demnächst einmal erzählen werde…
Kräuter sind für mich auch deshalb so wichtig, weil mich ihr Geruch immer wieder an Zuhause und den Garten meiner Mama erinnert. Das Gleiche gilt für Blumen. Mama Pinella macht die wunderschönsten Gartenblumensträusse der Welt. Besonders an den Geburtstagen (da habe ich ja hier schon einmal darüber berichtet). Bereits als kleines Kind liess sie mir im Garten freie Hand und ich durfte mich an allen Blumen bedienen und selber Sträusse binden. Was für mich eine hervorragende Kreativitätsförderung war, erwies sich für meine Mama manchmal als etwas ärgerlich, da ich mich immer mal wieder an ihren schönsten Rosen vergriff… Offenbar war ich ihr aber wichtiger, als ihre Rosen. Danke liebe Mama dafür!
Ohnehin war Mama und Papa Pinella wichtig, dass wir Kinder uns so oft wie möglich kreativ betätigten. So war bei uns eigentlich immer irgendjemand am Hämmern, Malen, Töpfern, Backen oder Kochen. Die Freude daran habe ich mit mir nach Florenz genommen. Und ich habe ja bereits letzte Woche von meiner lieben Fotoassistentin berichtet, die bei uns zu Besuch ist. Da ich nun jemanden habe, der sich williger in meine Projekte einspannen lässt als der Signore Pinella, haben sie und ich die Kräuter vom Markt in einem feinen Abendessen verarbeitet. Die Salbei kam in die Saltimbocca, der Rosmarin an die Kartoffeln und eine bunte Kräutermischung an einen Fenchel-Orangen-Salat.
Und hier die Rezepte dazu:
Um die Rosmarin-Kartoffeln zu würzen werden zwei Kaffeelöffel grobes Salz mit einer Knoblauchzehe und eine Zweig Rosmarin im Mörser zerstampft. Die Kartoffeln werden in Schnitze geschnitten, mit zwei Esslöffeln Olivenöl beträufelt und dann wird das Gewürz zusammen mit einem weiteren Zweig Rosmarin unter die Kartoffeln gemischt. Danach werden die Kartoffeln im Ofen goldbraun gebacken.
Für den Fenchelsalat wird ein Fenchel fein geschnitten oder Gehobelt und eine Orange filetiert. Das Ganze wird mit zwei Esslöffeln Olivenöl, einem Esslöffel Essig, einem halben Kaffeelöffel Salz und fein gehackten oder getrockneten Kräutern vermischt (ich bevorzuge dazu Oregano, Basilikum und Petersilie) verrührt und mit etwas Pfeffer abgeschmeckt.
Saltimbocca ist bekanntlich ein Klassiker der italienischen Küche. Dazu werden Kalbsschnitzel gepfeffert und gesalzen, mit einem Blatt Salbei belegt, mit Rohschinken umwickelt und dann kurz angebraten. Durch die Hitze entwickelt die Salbei ihr wunderbares Aroma. Wenn ich das Fleisch gebraten und aus der Pfanne genommen habe, gebe immer noch etwas Butter in die Pfanne, schmelze diese und lösche sie mit Wein ab. Das gibt eine wunderbare Sauce zum Fleisch.
Und wenn für den Signore aus den Kreativitätsschüben ein Essen resultiert, findet auch er sich gerne damit ab. Obwohl er gerade heute die kritische Frage stellte, ob er eigentlich in einem Künstleratelier lebe, weil wir schon wieder am Perlen knüpfen waren (darüber habe ich hier und hier bereits berichtet) als er Nachhause kam. So ganz Unrecht hat er damit nicht, da unsere liebe Besucherin eine sehr gute Malerin ist und fast jeden Tag fleissig zeichnet. Mir gefällt das. Denn wenn Menschen um mich herum kreativ sind, steckt mich das an und ich fühle mich wieder ein bisschen wie Zuhause, als ich mit meinen Geschwistern herumgewerkelt oder Blumen gebunden habe. Daher hier noch ein paar Bilder aus dem Garten meiner Mama.
Nun wünsche ich Euch allen einen kreativen Tag voller Tatendrang!

 

Herzlichst, Eure Signora Pinella

Ein Ausflug in die Antike zu etruskischen Nasen und alten Tempeln…

Ein Ausflug in die Antike zu etruskischen Nasen und alten Tempeln…

Ein Ausflug in die Antike zu etruskischen Nasen und alten Tempeln…

Es gibt so Tage, an denen es nur eine Möglichkeit gibt: Raus aus der Stadt und ab an die frische Luft. Das hat auch einen Grund. Denn Florenz liegt umgeben von Hügeln in einer Talsohle, da stauen sich dann die Hitze und die Feuchtigkeit und es wird einfach unglaublich schwül und stickig. An bewölkten Tagen ist es manchmal noch fast schlimmer, als wenn die Sonne scheint. Dann wird es wenigstens nur heiss.
Ein Zufluchtsort an diesen Tagen ist das etwas höher gelegene Fiesole. Ich habe ja bereits einmal hier darüber berichtet, dass Fiesole älter als Florenz und eigentlich dessen Ursprung ist. Die Etrusker
errichteten in Fiesole eine Siedlung mit Tempel und Theater. Heute sind davon leider nur noch die Mauern übrig. Dennoch hat der ganze Tempelbezirk immer noch etwas Verwunschenes und Faszinierendes. Jedenfalls streife ich sehr gerne durch die alten Ruinen, fühle die uralten Mauern und stelle mir vor, was für Menschen hier gelebt haben müssen. Eines ist klar, es waren Menschen mit ganz speziellen Nasen. Denn das betonen die Leute in der Toskana immer wieder. Die Etrusker hatten lange, gerade Nasen. Als ich mich dann bereits freute und dachte, dass meine grosse Nase hier endlich eine Heimat gefunden habe, hiess es, dass diese eher römisch oder eben richtig italienisch, aber sicher nicht etruskisch sei… Pech gehabt.
Die Etrusker gelten also als das ultimative Vorbild hier in der Toskana. Und die Florentiner werden nicht müde zu betonen, dass sie Etrusker und keine Römer sind. Ich war letzthin an einem Vortrag über die Etrusker und die Referentin erklärte, dass deren Ursprünge im Dunkeln liegen. Vermutlich seien sie irgendwo aus der Region des Libanons in die Toskana eingewandert. Viele ihrer Lebensweisen ähnelten denen der Römer oder wurden eben vermutlich von denen übernommen.
Ihre Gottheiten sind eine Mixtur aus römischen und griechischen Göttern und mit einem Hauch Naturgottheiten gewürzt. Was mich an den Etruskern besonders fasziniert, ist die Tatsache, dass sie ihren Toten richtige Wohnungen bauten, diese einrichteten und ihnen alle wichtigen Dinge mitgaben, die sie brauchten. Denn sie  stellten sich vor, dass sie in diesen Hügelgräbern und später in Gräbern, die wie ein richtiges Haus aussahen, weiterleben würden. Diese Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, war ihre Art damit umzugehen. Schön, dass sie daran glaubten, dass es weitergeht. Das kann ich gut nachvollziehen.
Dank der reichen Grabbeigaben ist das Archäologische Museum von Fiesole gut bestückt. Die ganz grosse Ausstellungskunst wird dort nicht praktiziert, doch das Museum gibt einen guten Einblick in die Lebenswelten der Etrusker. Und da man mich mit ein paar mit Scherben gefüllten Vitrinen ohnehin unglaublich glücklich und mehrere Stunden beschäftigen kann, war das wunderbar. Da Skelette aus den etruskischen Gräbern ausgestellt waren, hatte auch der Signore eine Beschäftigung, indem er an den Knochen nach Zeichen von Brüchen oder Arthrose suchte und mich danach über die zahlreichen Krankheiten dieser armen Menschen aufklärte… Wenn uns dabei jemand zugehört hätte, hätte er uns wohl für ziemliche Freaks gehalten.
Der Ausflug nach Fiesole bot übrigens auch eine wunderbare Möglichkeit meine neuste Schmuckkreation auszuführen. Seit neustem hat mein Perlenhändler auf dem Mercato Sant‘ Ambrogio (über meine Perlenliebe habe ich ja bereits hier und hier geschrieben) so wunderbare kleine Glasanhänger. Die musste ich natürlich sofort anziehen und fühlte mich damit ganz antik. Wenn schon meine Nase nicht etruskisch ist, kann ich ja beim Schmuck daraufhin arbeiten;)
Wer genug von Geschichte, Scherben und Archäologie hat, sollte sich nach einem Besuch des Tempelbezirks unbedingt auf dem Hauptplatz von Fiesole ein Kaffee gönnen, das bunte Treiben der Menschen beobachten und den Blick auf die Dächer von Florenz geniessen. Fiesole ist übrigens an das Florentiner Bus-Netz angeschlossen und kann daher problemlos mit dem ÖV besucht werden.
Nun wünsche ich Euch allen einen historischen Tag und schicke Euch liebe Grüsse aus dem Süden!

 

Herzlichst, Signora Pinella

Ein vergoldeter Abend im neuen Kleid…

Ein vergoldeter Abend im neuen Kleid…

Ein vergoldeter Abend im neuen Kleid…

„I’m living my life like it’s golden, living’ my life like it’s golden golden…“, singt Jill Scott (Hörprobe gibt es hier). Mir gefallen dieses Lied und der Text sehr. Sein eigenes Leben wertschätzen, es golden leben…
Etwas Goldenes in meinem Leben ist es, wenn ich kreativ sein und etwas gestalten kann. Besonders angetan hat es mir das Nähen. Bereits als kleines Mädchen habe ich alle meine Barbiepuppen von Kopf bis Fuss eingenäht. Später unternahm ich dann die ersten zaghaften Versuche für mich selber Taschen und Kleider zu nähen. Aus Zeitmangel blieb dieses Vergnügen in den letzten Jahren etwas auf der Strecke. Wenn ich genäht habe, waren es Vorhänge oder Kissenbezüge oder Puppenkleider für meine Nichten. Nun, da ich in Florenz wohne und etwas weniger liebe Menschen um mich habe, mit denen ich mir beim Kaffeetrinken die Zeit vertreiben kann, komme ich wieder vermehrt dazu, mich dem Nähen zu widmen.
Da mir meine Schwester Madame Gaianna (hier geht es zu ihrem Blog) ein wunderschönes Stück Stoff für einen Sommerrock geschenkt hat, habe ich meine Nähmaschine hervorgeholt, die ich weiser Voraussicht nach Florenz
mitgenommen habe. Leider blieben die Schnittmuster Zuhause und so musste ich auf einen einfachen Schnitt beschränken und auf schlichtes Design zurückgreifen. Im Prinzip habe ich nicht viel mehr als zwei Stücke Stoff im Mass von 65 auf 90 Zentimeter aufeinander genäht, Kopf- und Arme ausgeschnitten und das Ganze um den Bauch herum mit einem Gummizug zusammen gezogen. So im Stil einer römischen Tunika. Damit das Kleid doch noch ein paar kleine, aber feine Details hat, habe ich am vorderen Halsausschnitt vier Falten genäht, die Säume mit einem weissen Satinband versehen und einen geflochtenen, goldenen Gurt für um die Taille gekauft. Mit diesen Massen entspricht das Kleid etwa der Grösse M.
Wer denn schon genäht hat, möchte das neue Kleid dann auch gerne ausführen. Also sind Signore Pinella, seine Schwester und ich ins Obika essen gegangen. Obika ist eine Restaurantkette. Die verschiedenen Lokale in Mailand, Rom, Palermo und Florenz sind aus der Slow Food Bewegung heraus entstanden. Das Obika in Florenz ist an der edlen Via Tournabuoni irgendwo im Dunstkreis von Chanel, Burberry, Tiffany und Dior Flagshipstores gelegen.

 

Daher war ich zuerst etwas skeptisch. Wenn ich mir schon die Kleider darum herum nicht leisten kann,
dann ist auch das Essen im wunderschönen Palazzo, in dem das Obika beheimatet ist, zu teuer für den Signore und mich, dachte ich. Irgendwann haben wir diese Hemmungen dann überwunden, festgestellt, dass das Essen bezahlbar und erst noch wunderlecker ist. Also gehen der Signore und ich nun regelmässig dorthin.
Ich fühlte mich an diesem goldenen Abend, in meinem goldenen Kleid mit feinem Essen und guter Gesellschaft rundum wohl. Schön war das.
Ich wünsche Euch allen, dass Ihr das auch immer wieder erleben dürft. Denn von den anderen Momenten gibt es noch genügend, wenn das Bad unter Wasser steht (nein, das Problem wurde immer noch nicht gelöst, obwohl letzthin eine Stunde lang ein Sanitärinstallateur in unserer Dusche stand, die Decke anstarrte und uns seine Lebensgeschichte erzählte;), der Alltag anstrengend ist und einfach alles nur nervt. Leben wir unser Leben also
golden, wenn es sich gerade ergibt und geniessen es dann umso mehr!
Herzlichst, Eure Signora Pinella
P.S. Weitere Informationen zum Obika gibt es hier: https://obika.com/portal/IT/it/home/

Mit der Oma im Ohr auf dem Mercato delle Pulci…

Mit der Oma im Ohr auf dem Mercato delle Pulci…

Mit der Oma im Ohr auf dem Mercato delle Pulci…

Was hilft, wenn Signora Pinella unglaublich enerviert ist, weil ihr Badezimmer immer wieder unter Wasser steht? Ein Flohmarkt. Denn Chaos ist nicht gleich Chaos. Während ich mittlerweile langsam aber wirklich sehr wütend bin, weil die Nachbarn in der Wohnung über uns offenbar ein Problem mit
ihren Wasserrohren haben und jedes Mal wenn sie baden unser Bad auch nass wird, mag ich das organisierte Chaos auf dem Flohmarkt sehr gerne… Also haben mich heute der Flohmarkt an der Piazza dei Ciompi und die Tatsache, dass unsere Nachbarn wenigstens nicht all zu oft zu baden scheinen, sehr glücklich gemacht.
Der Flohmarkt ist in verschiedenen kleinen Baracken – so in der Art Wellblechhütten – untergebracht. Weil der Markt auch schon ein gewisses Alter hat, ranken sich ganz romantisch Kletterpflanzen über die Hütten. Wunderbar.
Mercato delle Pulci heisst Flohmarkt auf Italienisch. Ich mag das Wort Flohmarkt eigentlich nicht, da Flöhe in diesem Zusammenhang ja eher negative Assoziationen wecken. Für mich müsste er Zaubermarkt oder Omas-Dachboden-Wunderkisten-Markt heissen.
Oh ja, das wäre schön, wenn ich mit meiner lieben Oma über diesen Markt schlendern könnte. Sie würden dann alle Sachen ganz kritisch und prüfend anschauen, aus allem alten Krempel genau das
herausgreifen, was wirklich wertvoll ist, und den Fund mit Charme und Beharrlichkeit auf ihren Preis herunterhandeln. Bereits als kleines Kind hat mich meine Oma immer durch die Brockenstuben geschleift und in die verborgenen Geheimnisse des Trödelwühlens eingeführt. Leider werde ich das nie mehr mit ihr machen können. Aber ich setze die Tradition gerne fort und denke dabei an sie. Immer wenn ich auf dem Flohmarkt bin, habe ich ihre Anweisungen in den Ohren. Also ist sie doch irgendwie bei mir.
Beim Kauf von alten Kleidern, Stoffen und Spitzen hat mir meine Oma eingetrichtert die Stoffbeschaffenheit zu fühlen. Geschirr hat sie umgedreht um zu schauen, wo es produziert wurde – darauf folgte jeweils ein ausführlicher Vortrag über die Porzellankultur – Silberbesteck wurde am Stempel genau auf seine Echtheit geprüft und Bilder wurden umgedreht und nach Stockflecken untersucht. Bei Möbeln achtete die liebe Oma genau auf die Holzsorte, als Tochter eines
Zimmermeisters konnte sie das, und das Design.
Der Mercato delle Pulci ist also eine zauberhafte, kleine Welt für mich. Übrigens liegt er beim alten Florentiner Fischmarkt. Einem wunderschönen Bogengewölbe. Wo früher Fisch gehandelt wurde, wird heute Kaffee geschlürft. Ebenfalls einfach bezaubernd.
Als ich auf dem Markt war, ist mir übrigens etwas Unglaubliches passiert. Ich war gerade so schön in das Fotografieren vertieft, als mich eine Horde junger Amerikaner überfiel. Sie seien eine Fotoklasse aus New Jersey und ich solle doch bitte so lieb sein und ein Erinnerungsfoto von ihnen machen, flöteten sie. Danach horchten sie mich aus und wollten wissen, von wo ich denn sei und was ich in Florenz machen würde und so weiter und so fort. Ich beschloss daraufhin das Weite zu suchen, Nachhause zu gehen und Gemüsemuffins für den Signore und mich zum Abendbrot zu backen. Ich serviere die gerne zusammen mit einem Salatteller, etwas Melone und Rohschinken.
Hier das Rezept für die Gemüsemuffins:
 
100 Gramm weiche Butter und ein Ei schaumig rühren. Ein Deziliter Milch, 300 Gramm Vollkornmehl und ein Esslöffel Backpulver dazu geben und ebenfalls gut verrühren.
300 Gramm Gemüse (Karotten, Zucchini, Lauchzwiebeln, Oliven oder getrocknete Tomaten) ganz klein gehackt und 100 Gramm fein geschnittener Speck (den lasse ich manchmal auch weg) in etwas Olivenöl andünsten. Das Ganze gut mit Kräutern, Salz und Pfeffer würzen und etwas abkühlen lassen. Danach mit dem Teig vermischen, in Muffinsförmchen füllen und für etwa eine halbe Stunde bei 200 Grad backen (obwohl ihr mich bei der Backzeit nicht behaften könnt, da mein Italienischer Backofen störrisch und unzuverlässig ist…).
Nun schicke ich Euch liebe Grüsse aus dem warmen, chaotischen, charmanten Süden!
Herzlichst, Eure Signora Pinella

La Florentia – blühendes, beeindruckendes Florenz…

La Florentia – blühendes, beeindruckendes Florenz…

La Florentia – blühendes, beeindruckendes Florenz…

Bisher habe ich ein Thema auf meinem Blog völlig vernachlässigt. Denn obwohl ich immer wieder über Florenz schreibe, habe ich Euch nur wenige und punktuell ein paar Bilder davon gezeigt. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass ich nun doch schon recht lange hier bin und eher mit einem bestimmten Ziel durch die Stadt gehe, anstatt mich auch mal treiben und all die Schönheit auf mich wirken zu lassen. Deshalb habe ich nun die Bilder hervorgekramt, welche ich bei meinem ersten Florenz Aufenthalt im Oktober 2013 gemacht habe. Also quasi mein erster Blick auf meine neue Heimat.
Kennt Ihr das, das man eine Stadt oder einen Ort besucht und sofort ein Gefühl dafür entwickelt? Vor diesem Moment hatte ich bei unserer Ankunft in Florenz besonders Angst. Was, wenn ich ankomme und die „Vibes“ einfach schlecht sind? Wenn ich die Stadt nur hässlich und doof finde? Zum Glück machte mir Florenz die Ankunft leicht. Wir waren an einem kalten, nebligen Herbsttag in der Schweiz abgefahren und kamen in Florenz im Sonnenschein und Spätsommer an. Die Stadt schien sich richtig Mühe zu geben, auch ja alles richtig zu machen. Im ersten Restaurant, in das wir uns setzten lief die Platte von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong, auf der sie Stücke von George Gershwin interpretieren – also eine meiner liebsten CDs überhaupt. Das Essen war köstlich und über die ganze Szenerie wachte der azurblaue Himmel.
Florenz hat mir seither auch etliche Male sein anderes Gesicht mit kalten, feuchten Nebeltagen, hochnäsigen Bewohnern (ja, auch wenn es ein Klischee ist, die Florentiner sind kein einfaches Völkchen) und unglaublich nervigen Touristenmassen gezeigt. Der Aufenthalt in Florenz hat sich durch den Beruf vom Signore halt einfach so ergeben. Die Stadt haben wir uns nicht ausgewählt. Und doch realisiere ich von Tag zu Tag immer mehr, dass es ein schöner Ort und eine gute Stadt ist, um ein Jahr lang hier zu leben. Florenz hat mit seinen 366‘000 Einwohnern eine beachtliche Grösse und trotzdem kommt es mir oft eher vor wie ein Dorf. Es kommt bereits ab und zu vor, dass ich in der Stadt oder auf dem Bus Bekannte treffe.
Florenz erinnert mich immer ein bisschen an München. Warum weiss ich nicht und vielleicht ist der Vergleich auch völlig an den Haaren herbeigezogen. Der englische Garten würde dann dem Giardino Bobboli entsprechen, das Rathaus dem Pallazzo Vecchio und so weiter. Universitätsstädte sind es auch beide und die Touristen nerven sowieso überall. Vielleicht hinkt der Vergleich doch nicht so sehr?

Was mir an Florenz besonders gefällt, ist die hohe Dichte an Kunstwerken. Nirgends auf der Welt lassen sich so viele bedeutende Kunstwerke auf so kleinem Raum finden wie in Florenz. So viele weltberühmte Werke, über die in meiner Ausbildung stundenlang referiert wurde, kann ich hier im Original und all ihrer Pracht bewundern. Jedes Mal, wenn ich beispielsweise vor Botticellis Primavera stehe, habe ich das Gefühl, dass ich mich verneigen oder wenigstens die Schuhe ausziehen sollte, um ihm den nötigen Respekt zu zeigen. Völlig blödsinnig, ich weiss… Manchmal beschleicht mich jetzt schon die Angst, dass ich in diesem Jahr etwas verpassen könnte. Gerade heute Morgen wurde mir beispielsweise bewusst, dass der Schweizer Maler Arnold Böcklin in Florenz lebte und arbeitete und in Fiesole begraben wurde. Ich muss also unbedingt Böcklins Grab besichtigen. Und der arme Signore wird bei den meisten dieser Aktionen mitgeschleift, muss sich meine Schwärmereien anhören und dann noch mit mir über die Bedeutung der Werke diskutieren… Poverino… 

Florenz wurde von Cäsar nach der Göttin der Blumen und des Wachstums Florentia getauft. Das passt gut, da Florenz in einer Sumpfregion gelegen, unglaublich feucht und daher sehr grün ist. Ursprünglich war Florenz übrigens ein Militärlager. Das höher gelegene Fiesole, das von den Etruskern gegründet wurde, wird noch heute als die eigentliche Wiege der Florentiner angesehen. „Wir sind Etrusker und keine Römer“, betonen die Florentiner immer wieder. Denn die Etrusker seien bereits viel früher viel höher entwickelt und den Römern sowieso in allem überlegen gewesen. Eben, überlegen sind die lieben Florentiner immer gerne… Jedenfalls ging es mit den Etruskern nach dem Einfall der römischen Truppen ganz schnell bergab und sie lösten sich mehr oder weniger in der römischen Kultur auf.
Ihre Blütezeit erlebte die Stadt, die als Wiege der Renaissance gilt, hier darf man übrigens immer nur vom Rinascimento sprechen – das ist gaaaaaanz wichtig, im 15. Und 16. Jahrhundert unter der Führung der Medici. Die Medici gelangten durch ihren Geldhandel an die Macht, adelig waren sie nicht. Dieses Manko versuchten sie durch geschickte Heiratspolitik auszugleichen. In dieser Zeit liessen sich auch viele berühmte Künstler wie Michelangelo und Leonardo da Vinci in Florenz nieder. Galileo Galilei war der Hofmathematiker der Medici und Machiavelli ihr Chronist.
Und so ginge es noch seitenweise weiter… Ich versuche erst gar nicht an, die Geschichte der Stadt komplett darzustellen. Sonst würde dieser Post mehrere Seiten lang. Und eigentlich geht es heute ja vor allem um die Bilder. Ich bin schon froh und dankbar, wenn ich bis Ende Jahr einen Bruchteil der Essenz dieser Stadt erfasst habe.
Ich wünsche Euch allen da Draussen, dass auch Ihr immer wieder die Gelegenheit bekommt, über den Tellerrand hinaus zu blicken! Manchmal tut das ganz gut…
Herzlichst, Eure Signora Pinella