Meine Reise zur Schweizer Garde 1.Teil…

von | Nov 22, 2015 | Signora Pinella auf Reisen | 4 Kommentare

Heute nehme ich Euch einmal mehr mit nach Rom. Ich möchte mit Euch die Einblicke teilen, die ich im letzten Sommer in die Arbeit der Schweizer Garde erhielt. Im Auftrag der Agrarzeitung „Der Schweizer Bauer“ war ich nach Rom gereist, um den Gardisten Leo Leimgruber zu interviewen und die Generalaudienz auf dem Petersplatz zu besuchen und zu fotografieren. Für mich bedeutete das ein Eintauchen in eine völlig neue und fremde Welt. Ich bin im tief protestantischen Emmental aufgewachsen, hörte als Kind immer die Geschichten über meine Hugenotten-Vorfahren und kannte daher die Welt des Heiligen Stuhls nur vage. Aber gerade deshalb war es interessant und sehr lehrreich für mich, diese Reise zu machen. Ihr wisst ja, das „Überdentellerrandschauen“ ist mir immer sehr wichtig. Deshalb hier nun der erste Teil meiner Serie über die Schweizer Garde.



Gardist aus Überzeugung

Seit 509 Jahren bewachen die Mitglieder der Schweizergarde in Rom den Papst. Leo Leimgruber ist
einer von ihnen.
 
Irgendwie sind sie sagenumwoben, die Männer, die seit 509 Jahren in Rom Dienst tun. Seit der Gründung der päpstlichen Schweizergarde am 22. Januar im Jahr 1506  bewachen die Schweizergardisten den Papst in Rom und sind mit ihren farbenfrohen Uniformen genauso fester Bestandteil des Vatikans wie der Petersdom und der Papst selbst.
Bedeutungsvoller Dienst
Was es bedeutet, im Dienste des Oberhauptes der katholischen Kirche persönlich zu stehen, wird einem bewusst, wenn man an der Generalaudienz auf dem Petersplatz teilnimmt. Hunderte, wenn nicht gar Tausende Gläubige haben sich auf dem Petersplatz versammelt und warten auf die Ankunft von «Papa Francesco». In der Fahnen schwingenden, kreischenden Menge sind sie bunte Farbtupfer. Mit stoischer Ruhe beobachten sie die Leute, weisen ihnen den Weg zu ihren Plätzen und warten auf den grossen Moment, wenn der Papst auf den Platz gefahren wird.
Dass es so weit ist, merkt man, wenn das Kreischen auf der einen Seite des Platzes noch lauter wird. Wer nur akustisch Zeuge der Szenerie wäre, würde glauben, dass nun ein gefeierter Popstar seinen Auftritt hat.  Auch dann noch, als die ersten Gardisten in dunklen Anzügen dem Gefährt vorauseilen und die Menge anweisen, hinter den Absperrungen zurückzubleiben.
Ruhende Pole
Als dann der Heilige Vater persönlich in Sichtweite kommt, wird das Kreischen immer lauter, und das Gedränge in der Menge nimmt zu. Die Gläubigen strecken dem Papst ihre Geschenke entgegen – oft sind es reich verzierte Kerzen oder Blumen –, und Kinder werden von den in Anzügen gekleideten Gardisten  zum Papst hinaufgehoben, damit er diese küssen und segnen kann. Die ruhenden Pole dazwischen sind und bleiben aber die Gardisten in ihren bunten Uniformen.
Einer von ihnen ist der 22-jährige Forstwart Leo Leimgruber aus dem aargauischen Wölflinswil im Fricktal. Im November 2014 hat er seinen 25-monatigen Dienst bei der Garde angetreten. «Wir sind in den Farben der Medici gekleidet», erklärt der Gardist und blickt sichtlich stolz auf seine Uniform mit den blauen, gelben und roten Streifen. Es war auch ein Papst aus der berühmten Florentiner Medici-Familie, den die Schweizergardisten am 6.Mai 1527 verteidigten.
Mit Leib und Leben
Bei der Plünderung Roms, dem sogenannten Sacco di Roma, fanden 147 der 189 Schweizergardisten den Tod, als sie den Rückzug von Papst Clemens VII. in die Engelsburg ermöglichten. Bis heute wird den gefallenen Schweizern an diesem Tag gedacht, an dem auch die neuen Rekruten vereidigt werden. «In dem Moment, als wir vereidigt wurden, habe ich nicht die Zeit gehabt, viel nachzudenken», gesteht Leo Leimgruber. Er habe sich nur darauf konzentriert, ja nichts falsch zu machen. Was es bedeute, Mitglied der Garde zu werden, darüber habe er sich schon viel früher Gedanken gemacht. «Den Entscheid, der Garde beizutreten, fällte ich bereits als kleiner Junge, als ich mit meiner Grossmutter die Zeremonie zur Einsetzung von Papst Benedikt am Fernsehen mitverfolgt hatte. Sie erklärte mir, dass die Schweizergardisten in Rom leben und den Papst bewachen.» Damals habe er sich vorgestellt, dass sie ein ganzes Leben dort bleiben und mit dem Papst zusammen leben würden.
Zeitlich begrenzt
Heute scheint Leimgruber fast etwas erleichtert, dass es vorerst nur 25 Monate sind. «Vielleicht werde ich meinen Aufenthalt auch noch etwas verlängern. Danach würde ich aber gerne nach Kanada reisen, um mein Englisch zu verbessern.» Seine Entscheidung, der Garde beizutreten, sei nicht von allen Leuten in seinem Umfeld verstanden worden. «Ich habe es bisher nicht bereut. Es war ein Herzensentscheid. Ich leiste meinen Dienst aus Überzeugung.»
Wie Leo Leimgrubers Alltag in der Garde aussieht, was er mit dem Papst persönlich bespricht und wie er Angelina Jolie nicht erkannt hat, erfährt Ihr dann demnächst im zweiten Teil über die Schweizer Garde…
Ich hoffe, dass Euch der Einblick in meine Arbeit gefallen hat. Es ist für mich sehr speziell, diesen anderen Teil von mir mit Euch zu teilen. Dass ich genau diesen Beruf ausüben kann, erfüllt mich mit grosser Dankbarkeit. Denn dadurch komme ich immer wieder mit Menschen und Dingen in Berührung, die ich sonst nie kennen lernen würde und werde dazu angehalten dem Leben und der Welt gegenüber offen zu sein.
Nun wünsche ich Euch einen schönen und gemütlichen Sonntag!
Herzlichst, Eure Signora Pinella