Wie die Biscotti die Colomba besiegten…

von | Mai 13, 2014 | Kochen&Backen | 6 Kommentare

Theoretisch bin ich gar kein so grosser Fan von Süssem. Theoretisch. In Italien gibt es jedoch ein Gebäck, das mich immer wieder von meinen Grundsätzen abbringt und von dem auch ich gerne einmal zu viel esse. Cantuccini di Prato oder Biscotti alle Mandorle – und ja, die Namensgebung ist verwirrend… Hier daher kurz die Erklärung: Cantuccini di Prato ist ein doppelt gebackenes, mürbes Mandelgebäck. Biscotti ist der Überbegriff für Plätzchen. Biscotti passt mir aber irgendwie besser ins Konzept – wenn ich nun also von Biscotti schreibe, meine ich das doppelt gebackene, mürbe Mandelgebäck, das eigentlich Cantuccini di Prato heisst. Alles klar? In Italien werden übrigens auch beide Begriffe für ein und dasselbe Gebäck verwendet.
Es war der liebe Signore Pinella, der so nebenbei erwähnt dem Süssen völlig verfallen ist, der mich auf die Idee gebracht hat, einmal wieder Biscotti zu backen (ich habe das schon vor unserem Umzug nach Italien regelmässig gemacht, immer viel zu viel produziert und dann meine Arbeitskollegen genötigt, mir beim Ausbaden der Biscotti-Orgie respektive beim Verdrücken der Dinger behilflich zu sein…).

Vor dem Entscheid Biscotti zu backen, war die Geschichte mit der Colomba… Kurz vor Ostern habe ich beschlossen, dass es zum Eintauchen in die italienische Kultur dazu gehöre, an Ostern eine Colomba zu essen. Dabei handelt es sich um ein Hefegebäck, das die Form einer Taube hat und wahlweise pur oder mit kandierten Früchten im Teig in Italien zum Osterfest gebacken wird. Weil ich es aber immer verpasste eine etwas hochwertigere Colomba beim Bäcker zu kaufen, besorgte ich dann eine im Tabacchi gleich in unserer Strasse. Stolz darauf bin ich nicht. Jedenfalls bin ich schweren Herzens und mit schlechtem Gewissen, dass ich ein Gebäck gekauft hatte, das in hundert Schichten verpackt (gar nicht ökologisch) und dazu auch noch mit tausenden künstlichen Stoffen zur Haltbarmachung versehen wurde, Nachhause getrottet. Signore Pinella, der nach eigenen Angaben zuvor noch nie eine Colomba gegessen hatte (er ist eben nicht mit einem Bruder aufgewachsen, welcher dem italienischen Gesang und der italienischen Küche verfallen ist und lange Zeit an jedem Osterfest selber eine Colomba gebacken hat) freute sich riesig über meinen Kauf. Und so lebte das erste Vögelchen nur einen Tag.

Am nächsten Tag meinte der Signore, er möchte doch nochmal eine Colomba und er wolle um keinen Preis eine andere, als die aus dem Tabacchi und er hole sie sonst gleich selber – zurück gekommen ist er dann mit Zweien. Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Nach Ostern erhielt man im Tabacchi zwei Colomben (ist das die richtige Mehrzahl?) zum Preis von einer. Also wurden wiederum Hamsterkäufe getätigt (das Ganze wurde dadurch verschmlimmert, dass auch noch Mama Pinella zu Besuch kam und unbedingt eine Colomba als Mitbringsel für den Papa Pinella kaufen wollte und wenn die Dinger denn schon so günstig sind, kann man ja auch gleich ein paar mehr nehmen…).

Die Situation wurde dadurch verschärft, dass wir uns um Ostern herum einen Fernseher zulegten (damit mein Mann auch Zuhause seinen geliebten Calcio sehen kann – er ist schon ein richtiger Italiener;) und der Signore die Colomba, die man einfach nicht ohne zu krümeln essen kann, nun auch im Wohnzimmer vor dem Fernseher verdrückte. Irgendwie weiteten sich die Colomba-Krümel-Spuren immer weiter von der Küche ins Wohnzimmer, dann ins Büro und sogar ins Bad aus. Da wusste ich, dass ich dem Colomba-Wahn etwas entgegen setzen musste, bevor er im Schlafzimmer ankommt.

Ich muss dazu ehrlicherweise sagen, dass die Colomba trotz unökologischer Verpackung und bösen Inhaltsstoffen ganz gut schmeckte. Aber welcher vernünftige Mensch kann und will fast einen Monat lang das gleiche Gebäck essen? Also musste ich die Colomba mit ihren eigenen Waffen schlagen und etwas finden, das genau so süss und verführerisch ist und den Signore von ihr ablenken würde. Und so sind mir die Cantuccini bzw. Biscotti eingefallen. Ich wusste aus zwei Gründen genau, dass der Signore sich von der Colomba ab und den Biscotti zuwenden würde. Erstens gibt es nur etwas, was er noch mehr oder genau so sehr wie Süssspeisen liebt: Kaffee (ja und natürlich mich – hoffe ich;) Und was passt besser zu Kaffee als Biscotti?! Zweitens freut sich der Signore immer
sehr, wenn ich für ihn backe. Und weil er ein viel zu lieber Mensch ist, isst er das Gebackene sogar dann mit viel Liebe und Hingabe, wenn einmal wirklich etwas schief geht bei der Produktion. 
Es war klar, dass das Täubchen einpacken kann, wenn ich meine Geheimwaffe hervorhole. Und wisst Ihr was? Es hat funktioniert und ich habe einmal mehr festgestellt, dass man Biscotti wunderbar selber backen kann. Daher hier das kleine Rezept für Euch (wenn Ihr Eure Arbeitskollegen damit überraschen wollt, macht je nach Teamgrösse das doppelte oder dreifache Rezept – aber bereits dieses ergibt beachtliche Mengen):
Zutaten:
200 Gramm Mandeln
120 Gramm weiche Butter
400 Gramm Mehl
 ½ Päckchen Backpulver
1 Teelöffel Vanillezucker
 200 Gramm Zucker
 3 Eier
Zubereitung:
Zuerst werden die Eier und der Zucker mit dem Mixer zu einer hellen Masse verrührt, danach werden die restlichen Zutaten (bis auf die Mandeln) dazu gegeben. Wenn sich ein fester Teig gebildet hat, werden die Mandeln, die wahlweise auch etwas mit dem Mörser verkleinert werden können, dazu gemischt.
Danach werden aus dem Teig längliche, flache Stränge (zwischen 5 und 10 Zentimeter breit) geformt. Diese müssen nun für ungefähr 25 Minuten, in der Mitte des Ofens auf 175 Grad gebacken werden. Nach dem ersten Backen die Teigstränge kurz abkühlen lassen, dann mit einem guten Messer (z.B. einem Brotmesser) in diagonale Streifen schneiden, mit einer Schnittseite nach unten aufs Blech legen und nochmals maximal 10 Minuten backen.
Übrigens: Am nächsten Osterfest besorge ich mir das Colomba-Rezept von meinem Bruder und backe den Vogel selber. Dann habe ich Inhaltsstoffe, Verpackung und Produktionsmenge im Griff…
Euch allen da Draussen wünsche ich viel Vergnügen beim Biscotti backen (probiert es aus, es ist wirklich kinderleicht;)!
Herzlichst, Eure Signora Pinella