In Kanada auf Omas Spuren…
Normalerweise empfinde ich beim Reisen immer viel Distanz zu meiner Heimat und den Menschen, die ich gerne habe. Daher ist mein Herz jeweils etwas hin und her gerissen, wenn ich unterwegs bin. Einerseits will ich gerne neue Dinge entdecken, anderseits habe ich auch etwas Heimweh (ich darf das, denn ich bin Schweizerin und ich habe schon vor Jahren hier geschrieben, dass wir Heimweh-Experten sind). Und obwohl ich das aus eben diesen Gründen nie für möglich gehalten hätte, habe ich mich diese Woche in der Fremde meinem Grosi ganz nahe gefühlt… Dazu muss ich kurz etwas ausholen. Wenn da nicht der liebe Signore in meinem Leben wäre, der mich immer wieder herausfordern und mich vor allem auch dazu ermutigen würde etwas zu unternehmen, dann wäre ich ein enormer Stubenhocker. Ich wäre nie nach Florenz oder Zürich gezogen oder hätte Amerika bereist. Nun hat der Signore zu einem neuen Geniestreich ausgeholt und mich nach Kanada verfrachtet. Diese Reise ist zwar nicht so lang, hat mich aber alleine wegen dem Fliegen viel Überwindung gekostet (ich habe Euch ja bereits hier erzählt, dass das nicht ganz so mein Ding ist). Ich habe aber festgestellt, dass es damit wie mit vielen Dingen im Leben ist: Je mehr man etwas tut, umso weniger schlimm oder aufregend ist es.
Die Toronto-Reise war schon lange geplant, da ein Freund vom Signore hier ein Jahr mit seiner Familie verbringt (so wie wir damals in Firenze waren). Aus verschiedenen Gründen hat sich das Ganze dann immer wieder verschoben und nun, kurz bevor die Familie zurückkommt, haben wir die Reise endlich doch noch gemacht. Direkt am ersten Tag nach unserer Ankunft sind wir zu den Niagara Falls gefahren und da musste ich eben ganz fest an meine Oma denken. Denn sie war äusserst reiselustig und ist mit über siebzig Jahren noch nach Amerika gereist, wo sie eine Verwandte meines Grossvaters besucht hat. Das Fliegen hatte es jedoch auch bei ihr in sich und sie musste, bevor sie sich das Land überhaupt ansehen konnte, wegen Herzproblemen im Spital behandelt werden. Danach hat sie dann aber doch noch einiges unternommen und eben von Detroit her die Niagara-Fälle besucht.
Manchmal wünschte ich mir so fest, dass ich ein bisschen mehr Abenteuerlust von meiner Oma geerbt hätte. Und als ich da vor diesen riesigen Wasserfällen stand (wir haben sie uns von der kanadischen Seite aus angesehen – die Sicht ist von daher sowieso besser), dachte ich mir, dass es ja schon eine gute Leistung ist, dass ich es überhaupt bis dahin geschafft habe. Ich glaube, mein Grosi wäre sehr zufrieden mit mir. Sie hat übrigens auch sonst viele Reisen unternommen und das obwohl sie sehr jung verwitwet ist und keinen lieben Signore hatte, der sie begleitete. Und wer weiss, vielleicht liegt mir ja doch noch etwas aus diesem Zweig der Familie im Blut. Meine Grosstante ist übrigens auch mit über neunzig Jahren mehrmals nach Tunesien geflogen… Ich habe also noch etwas Zeit um zu reifen und meine Reiselust zu entdecken. Aber jetzt bin ich abgeschweift.
Die Wassermassen der Niagara-Fälle sind zugegebenermassen wirklich sehr beeindruckend. Das ganze Drumherum mit Freizeitparks und billigem Kitsch, hätten sich die guten Kanadier aber schenken können… Daher habe ich das auch nicht fotografiert, weil es wirklich nicht hübsch ist. Dagegen hat mir das Städtchen Niagara on the Lake, das am Ontariosee liegt, sehr gefallen. Es ist klein und beschaulich und hat mich etwas an das fiktive Stars Hollow aus einer meiner liebsten TV-Serien „Gilmore Girls“ erinnert. Dort gibt es übrigens auch ein Hotel, das nach dem Prinzen von Wales benannt ist – damit punktete dieser Ort bei mir natürlich zusätzlich (in meinem letzten Beitrag hier habe ich ja bereits über meine Affinität zum Britischen Königshaus geschrieben).
Königlich geht es dann auch im nächsten Teil unserer Reise weiter, von der ich Euch bald schon berichten will… Ihr dürft gespannt sein;)
Herzlichst, Eure Signora Pinella
P.S. In der Region am Ontariosee wird übrigens nicht nur guter Wein angebaut, sondern auch leckeres Bier gebraut. Der Signore und ich haben uns mit Freude durch eine Auswahl davon hindurch degustiert…
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