Wenn alles fliesst…
Kennt Ihr die Wendung «im Flow sein – im Fluss sein»? Ich mag diesen Zustand extrem gerne. Zum ersten Mal habe ich von meinem Zeichnungslehrer im Gymnasium von dieser Idee gehört. Er nannte es damals aber noch den R-Modus. Dabei geht es darum, dass die linke Hirnhälfte, welche für das logische und analytische Denken verantwortlich ist, ausgeschaltet und die rechte Hirnhälfte, welche offenbar das kreative, intuitive und emotionale Denken beherbergt, aktiviert wird. Dieser Lehrer brachte uns bei, dass es für das Zeichnen oder Gestalten im Allgemeinen wichtig sei, die rechte Hirnhälfte zu aktivieren. Um das zu veranschaulichen, liess er uns Bilder auf dem Kopf abzeichnen. Also nicht wir standen Kopf, sondern die Vorlage wurde auf den Kopf gedreht. So sieht man nur noch Linien und Flächen und nimmt nicht mehr das fertige Ergebnis wahr. Noch heute drehe ich Vorlagen, die ich abzeichnen muss, auf den Kopf und das Ergebnis ist jedes Mal viel besser, als wenn ich versuchen würde eins zu eins etwas abzuzeichnen.
Später begegnete ich dann eben dieser «Flow» Bezeichnung. Nach Wikipedia wird sie folgendermassen definiert:
Flow (englisch „Fließen, Rinnen, Strömen“) bezeichnet das als beglückend erlebte Gefühl eines mentalen Zustandes völliger Vertiefung (Konzentration) und restlosen Aufgehens in einer Tätigkeit („Absorption“), die wie von selbst vor sich geht – auf Deutsch in etwa Schaffens- bzw. Tätigkeitsrausch oder auch Funktionslust.
Ich liebe es, wenn ich in diesen Zustand komme. Bereits als kleines Kind hatte ich während Phasen, in denen ich sehr intensiv spielte oder etwas gestaltete diese glücklichen, leicht entrückten Zustände. Ich höre dann zum Beispiel auch nicht mehr wirklich, was um mich herum gesprochen wird und wenn das Gefühl ganz stark wird, vergesse ich auch zu Essen und Trinken und die Sache mit der Toilette und so…;) Also bis es dann halt einfach sein muss, weil ich sonst vom Stuhl falle oder na ja ihr wisst schon.
Wenn ich einen Blogpost oder einen Zeitungsartikel im Flow-Zustand schreibe, dann bekomme ich interessanterweise immer viel mehr Rückmeldungen dazu. Offenbar merkt man auch von aussen, ob ich im Flow war oder nicht.
In den letzten Wochen und Monaten hatte ich eine schwierige, sehr belastende und sehr persönliche Sache zu meistern und da hatte ich leider praktisch keine Flow-Erlebnisse. Einfach weil ich unsagbar gestresst und verkrampft war und wenn man das ist, dann fliesst nix – vor allem keine Kreativität.
Deshalb war ich sehr erstaunt, als ich trotzdem vor etwa zwei Wochen ein enorm starkes Flow-Erlebnis hatte. Ich musste für meine Arbeit einen Basteltipp zum Thema Kräuter fotografieren und eine Anleitung dazu schreiben. Weil solche Projekte in einem Garten einfacher umzusetzen sind, habe ich das an einem lauen Sommerabend zu Hause bei meinen Eltern gemacht. Und obwohl ich zuvor noch gestresst war, hat es plötzlich in meinem Kopf klick gemacht und ich habe mich beim Wickeln eines doppelten Kräuterkranzes völlig vergessen und war nur noch in meine Arbeit vertieft… In dieser Zeit waren mir alle anderen Dinge so piepegal und es gab nur noch die duftenden Kräuter, den Kranz und mich.
Dieses Erlebnis wollte ich unbedingt mit Euch teilen und Euch ermutigen, bewusst nach solchen Dingen zu suchen. Manchmal braucht es kurz etwas Zeit, bis man in den Fluss kommt und es bedingt auch, dass man sich die Zeit dazu nimmt und den Raum schafft. Aber ich bin überzeugt, dass genau solche Dinge für unsere Seele und auch unser Gehirn extrem wichtig und enorm erholsam sind.
Und wenn daraus noch etwas so Hübsches entsteht, dann ist das erst recht positiv. Der Kranz hängt jetzt übrigens in unserem Wohnzimmer und verströmt einen herrlichen Duft. Gemacht habe ich ihn ganz einfach aus einem Pedigrohrkranz und mit selbstgesponnenem Flachsgarn gewickelt. An den unteren, kleineren Kranz habe ich die Kräuter dann einfach angebunden und das Ganze dann wie ein Mobile aufgehängt.
Ich wünsche euch einen guten Start in die neue Woche und hoffe, dass ich Euch dazu inspirieren konnte im Fluss zu sein und Eurer Kreativität Raum zu geben – das muss übrigens nicht per se beim Basteln sein, Flow-Erlebnisse können sich in vielen verschiedene Formen und Ausprägungen zeigen – sogar beim Putzen oder Steuerklärungausfüllen oder Konfitürekochen usw…!
Herzlichst, Eure Signora Pinella
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